Autor: Andre Ossinger


  • Zeitpunkt des Vorsteuerabzug

    Zeitpunkt des Vorsteuerabzug

    Der umsatzsteuerpflichtige Unternehmer kann im Regelfall aus den ihm erteilten Rechnungen die offen ausgewiesene Umsatzsteuer als sog. Vorsteuer abziehen. Dieser Vorsteuerabzug wird im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung durchgeführt.

    In der Praxis wird regelmäßig die Frage aufgeworfen, in welchem Voranmeldungszeitraum der Vorsteuerabzug aus der jeweiligen Rechnung in Anspruch genommen werden kann.

    Regelfall

    Nach dem Prinzip des Sofortabzugs entsteht das Recht auf den Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezug, d.h. mit Ausführung der bezogenen Lieferung oder sonstigen Leistung. Daneben ist jedoch weitere Anspruchsvoraussetzung für den Vorsteuerabzug, dass eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG).

    Der Vorsteuerabzug ist daher in dem Voranmeldungszeitraum geltend zu machen, in dem sowohl die Eingangsleistung ausgeführt wurde und der Unternehmer im Besitz der für die Eingangsleistung ausgestellten Rechnung ist. Eine erstmalige Rechnungserteilung wirkt aber nicht auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs zurück (BFH-Beschluss vom 20.07.2012, V B 82/11).

    Beispiel: Unternehmer U wird im Mai 2013 mit Waren beliefert. Hierfür erhält er im Juni 2013 eine ordnungsgemäße Rechnung in der Umsatzsteuer i.H.v. 190 € offen ausgewiesen wird. Da die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug (kumulativ Leistungsbezug + Rechnung) erst im Juni 2013 vorliegen, kann U die Vorsteuern i.H.v. 190 € erst mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Juni 2013 geltend machen.

    Unterlassener Vorsteuerabzug

    Wie ist aber zu verfahren, wenn U den Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Juni 2013 vergessen hat? Für diesen Fall gibt es mehrere Lösungsmöglichkeiten:

    1.) U kann eine berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Juni 2013 beim Finanzamt einreichen und so den Vorsteuerabzug noch nachholen. Dies ist aber nur solange noch möglich, wie noch keine Umsatzsteuer-Jahresfestsetzung für 2013 erfolgte.

    2.) U kann den unterlassenen Vorsteuerabzug aber auch noch im Rahmen seiner Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 2013 geltend machen, da der Vorsteuerabzug nach dem Umsatzsteuergesetz für den Besteuerungszeitraum geltend zu machen ist, in dem die Berechtigung zum Vorsteuerabzug entstanden ist und der Besteuerungszeitraum das jeweilige Kalenderjahr ist (§ 16 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 UStG).

    3.) Meines Erachtens kann U aber aus Vereinfachungsgründen den unterlassenen Vorsteuerabzug auch in jedem Umsatzsteuer-Voranmeldungszeitraum, der dem Voranmeldungszeitraum der Entstehung der Berechtigung zum Vorsteuerabzug folgt, noch geltend machen. Erlangt U beispielsweise im August 2013 Kenntnis von der Unterlassung des Vorsteuerabzugs, dürfte er den unterlassenen Vorsteuerabzug auch noch mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den August 2013 geltend machen.

    Wenn der Vorsteuerabzug aber nur in dem Besteuerungszeitraum zu berücksichtigen ist, in dem das Recht auf Vorsteuerabzug entstanden ist, kann U den im Jahr 2013 unterlassenen Vorsteuerabzug weder in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung des Jahres 2014 noch in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 2014 geltend machen (vgl. BFH-Urteil vom 13.02.2014, V R 8/13).