Gerade hatte ich der Steuerwelle einen Frühjahrsputz verpasst und die Motivation war geweckt, im Jahr 2020 deutlich mehr Beiträge zu verfassen. Dann kam Corona. Das Telefon stand nicht mehr still. Die Regierung peitschte im Eiltempo Gesetzesänderungen durch’s Parlament. Die Finanzbehörden veröffentlichen verfahrenstechnische Anpassungen und Ausnahmeregelungen in Rekordzeit. Kurzarbeitergeld. Soforthilfen. Anträge, Anträge, Anträge. HomeOffice. Fortbildungen. Newsletter. Informationsschreiben. Die Tage wurden länger, die Nächte immer kürzer.
Für die Mandanten unserer Kanzlei haben wir bereits in den ersten Tagen der Coronokrise eine Sonderseite ins Netz gestellt, mit welcher wir über mögliche Handlungsoptionen laufend und aktuell informieren. Die Seite haben wir seitdem ca. zwei Mal wöchentlich aktualisiert. Damit die Infos möglichst viele Betroffene erreichen, gibt es nun ein „repost“ auf der Steuerwelle.
Coronokrise – welche Handlungsmöglichkeiten habe ich als wirtschaftlich Betroffener?
Steuervorauszahlungen anpassen
Sobald Sie feststellen, dass bei Ihnen Aufträge in signifikantem Umfang wegbrechen, sollten Sie sehr kurzfristig auf elektronischem Wege die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer, Körperschaftsteuer oder Gewerbesteuer anpassen lassen.
Bitte beachten Sie dies bezüglich Folgendes:
- Auch eine Herabsetzung auf EUR 0,00 ist grundsätzlich möglich.
- Die Herabsetzung kann auch rückwirkend für das bereits abgelaufene, erste Quartal 2020 erfolgen. Zuviel gezahlte Beträge werden in der Regel erstattet.
- Es ist selbstverständlich möglich, nach einem ersten Antrag im Laufe der kommenden Wochen oder Monaten weitere Anträge auf Anpassung zu stellen, wenn sich Ihre Situation erneut ändert.
- Wenn sich Ihre Situation wieder bessert, besteht grundsätzlich die Pflicht, das Finanzamt darüber zu informieren und die Vorauszahlungen dann wieder nach oben anpassen zu lassen.
Anpassung der Krankenkassenbeiträge
Wenn Sie als Selbständiger freiwillig gesetzlich versichert sind, besteht bei einem Gewinneinbruch (Link -> TK) die Möglichkeit, die Beiträge anpassen zu lassen.
Überlegen Sie auch, ob andere Versicherungen oder Altersvorsorgepläne kurzfristig bzw. temporär reduziert oder ausgesetzt werden können, falls notwendig.
Übrigens: Auch als Versicherter in der Künstlersozialkasse können Sie Ihre Beiträge unterjährig anpassen lassen. Das Formular für die sogenannte „Änderungsmitteilung“ finden Sie hier.
Stundung und Vollstreckungsaufschub für Steuerforderungen
Das Bundesministerium der Finanzanzen hat mit dem Schreiben vom 19. März 2020 für unmittelbar und nicht unerheblich von der Coronakrise betroffene Steuerpflichtige die Möglichkeit geschaffen, bereits fällige Steuern zinslos zu stunden. Dies betrifft insbesondere folgende Steuern:
- Einkommensteuer
- Körperschaftsteuer
- Umsatzsteuer
Die Lohnsteuer ist prinzipiell nicht stundungsfähig, bei der Gewerbesteuer liegt es in der Hand der jeweiligen Gemeinde.
Die Stundung der vereinnahmten Umsatzsteuer ist zwar grundsätzlich auch möglich, ist aber nicht unbedingt zu empfehlen.
Im Übrigen sind die Finanzämter angehalten, für Betroffene der Coronakrise von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Folglich kann gegebenenfalls also auch ein Antrag auf Vollstreckungsaufschub gestellt werden.
Liquiditätsplan bis Jahresende erstellen
Wenn Sie selbständig sind oder ein Unternehmen führen, erstellen Sie bitte unbedingt einen Liquiditätsplan und aktualisieren Sie ihn laufend. Mit dem Liquiditätsplan verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Situation und können daraus die erforderlichen Maßnahmen und Handlungsspielräume ableiten.
Empfehlungen und Mindestanforderungen:
- Planen Sie die Liquidität sowohl auf betrieblicher, als auch auf privater Ebene.
- Planungszeitraum mindestens bis Jahresende.
- Nutzen Sie Ihre bisherigen Zahlen (betriebswirtschaftliche Auswertungen, letzte Gewinnermittlung) als Vorlage.
- Je gründlicher desto besser, denken Sie also auch an einmalige Kosten wie z.B. Versicherungen, die nur jährlich gezahlt werden.
Kurzanleitung:
- Beginnen Sie beispielsweise mit dem 1. April 2020 und schätzen Sie Ihre an diesem Tag verfügbaren Finanzmittel ein (Startwert).
- Erfassen Sie für die kommenden Monate bis Jahresende die voraussichtlich zu erwartenden Einnahmen, aktualisieren Sie dies laufend.
- Erfassen Sie die monatlichen Fixkosten (Löhne, Miete, usw.)
- Erfassen Sie auftragsabhängigen, variablen kosten, aktualisieren Sie dies laufend.
- Monatliche Summe ziehen / Stand Finanzmittel monatlich fortschreiben.
Weitergehende Informationen zu diesem Thema finden Sie z.B. auch bei Haufe.
Sichern Sie Schlüsselpositionen doppelt ab – auch privat
Auch der beste Schutz wird vielleicht nicht verhindern können, dass Personen und Mitarbeiter – oder auch Sie selber – zeitweise krankheitsbedingt ausfallen werden. Wir empfehlen daher, Schlüsselpositionen unbedingt und umgehend durch Vertreter abzusichern. Denken Sie dabei insbesondere an Folgendes:
- Zugriffsrechte und Zugriffsmöglichkeiten (insb. Daten & Server, Bankkonto, wichtige Unterlagen, Adressbuch und Ansprechpartner)
- Passwörter
- Aufgabenlisten & Anleitung
Besonders wichtig: Testen Sie die Prozesse, lassen Sie den oder die Vertreter die Aufgaben einmal durchspielen. Im Rahmen unserer Vorbereitungen in der Kanzlei konnten wir dadurch Lücken aufdecken – und schließen.
Ich empfehle ferner, auch für den privaten Bereich sicherzustellen, dass wichtige Unterlagen, Informationen und Kontaktdaten jederzeit griffbereit und verfügbar sind. Stellen Sie beispielsweise eine Notfallmappe zusammen, welche Sie in Kopie im engen Verwandten- und Bekanntenkreis verteilen.
Soforthilfe & Notfallfonds
Schutzschirm Hamburg / Hamburger Corona Soforthilfe (HCS) Die Freie und Hansestadt Hamburg bietet im Rahmen des „Hamburger Schutzschirms für Corona-geschädigte Unternehmen und Institutionen“ mit finanzieller Unterstützung des Bundes einen Zuschuss für betroffene Solo-Selbständige, Freiberufler sowie kleine und mittlere Betriebe aus Hamburg. Die Förderbeträge liegen je nach Unternehmensgröße und Höhe des Liquiditätsengpass zwischen 2.500 Euro und 30.000 Euro. Die Beantragung der Förderung erfolgt vollständig digital über die Internetseite der IFB Hamburg. Die Antragsstellung ist ab Montag, den 30.03.2020 möglich.
Ausführliche Informationen gibt es hier.
WICHTIG 1: Laut dem Eckpunktepapier des BMWi handelt sich bei den Soforthilfen um „steuerbare Zuschüsse“. Demnach sind die Gelder zwar umsatzsteuerfrei, stellen aber steuerpflichtige Einnahmen bezüglich der Einkommensteuer, Gewerbesteuer und/oder Körperschaftsteuer dar.
WICHTIG 2: Zu Beginn des Antragsverfahrens waren noch viele Fragen offen. Die IFB Hamburg als auch die zuständigen Institutionen anderer Bundesländer aktualisierten aber zuletzt ein- oder zweimal täglich die FAQs, welche nunmehr kritische Fragen beantworten.
Soforthilfen anderer Bundesländer Auch anderer Bundesländer bitten Hilfsprogramme wie das HCS an. Eine Übersicht bietet diese Seite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.
Nothilfe der GVL GVL-Berechtigte können eine Nothilfe in Höhe von EUR 250,00 beantragen.
Nothilfe-Programm für GEMA-Mitglieder Ebenso hat die GEMA ein Nothilfe-Programm ins Leben gerufen. Weitere Informationen gibt es hier.
Nothilfefonds der Deutschen Orchesterstiftung Die Deutsche Orchesterstiftung hat einen Nothilfefonds eingerichtet (Einmalzahlung bis EUR 500,00).
Weitere Handlungsmöglichkeiten
Kurzarbeitergeld Mit dem Kurzarbeitergeld wird bei vorübergehendem Arbeitsausfall die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ermöglicht und Entlassungen können vermieden werden. Als Entgeltersatzleistung trägt die Agentur für Arbeit die Kosten (seit kurzem auch einschließlich der Sozialabgaben).
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseiten der Bundesagentur für Arbeit sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.
Corona-Prämien für Arbeitnehmer In der Zeit vom 1.3.2020 bis zum 31.12.2020 können Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern „Corona-Prämien“ bis zu einem Betrag von EUR 1.500,00 steuer- und sozialversicherungsfrei zahlen. Mehr dazu bei aktuell bei Haufe.
Fördergelder für betriebswirtschaftliche Beratung Auf Antrag werden vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Leistungen im Bereich der betriebswirtschaftlichen Beratung bis zu einem Betrag in Höhe von EUR 4.000,00 bezuschusst. Dabei können in Zeiten von Corona die Beratungskosten zu 100% gefördert werden. Links:
Förderfähig sind dabei auch bestimmte Beratungsleistungen der Steuerberater.
Arbeitslosengeld I und II Sofern Sie als Selbständiger oder Unternehmer freiwillig in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung einzahlen, können Sie sich unter bestimmten Voraussetzungen arbeitslos melden und Arbeitslosengeld I beziehen.
Notfalls kann auch ein Antrag auf Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) in Erwägung gezogen werden. Der Zugang zur Grundsicherung wurde im Rahmen der schnellen Corona-Gesetzgebung erleichtert. Hier geht es zu den FAQs der Bundesagentur für Arbeit.
Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz Das Anwaltsblatt informiert in diesem Artikel darüber, inwiefern Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz im Fall einer vorgeschriebenen Quarantäne beantragt werden können.
KFW-Kredit Die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau gewährt insbesondere als Teil des Maßnahmenpaketes der Bundesregierung zur Corona-Krise zinsgünstige Darlehen. Dieser Schritt will selbstverständlich wohl überlegt sein, denn ein Kredit muss natürlicherweise zu einem späteren Zeitpunkt zurückgezahlt werden.
Geschäftsmodell neu denken oder umbauen Vielerorts werden Geschäftsmodelle derzeit in Windeseile und zum Teil sehr erfolgreich an die neue Situation angepasst. Yoga-Studios verlegen den Unterricht mit Konferenz-Systemen wie Zoom ins Internet, Restaurants setzen auf „ToGo“. Sicherlich gibt es nicht für alle Geschäftsmodelle eine passende Alternativlösung, allerdings zeigt sich dieser Tage auch, dass vieles, was bisher unmöglich schien, doch machbar ist.
Linksammlung / Weiterführende Informationen
- Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Informationen und Unterstützung für Unternehmen
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Coronavirus – Arbeitsrechtliche Auswirkungen
- Handelskammer Hamburg: Coronavirus – Unterstützung für Hamburger Unternehmen
- Haufe: Covid-19 / Coronavirus – Handlungspflichten und Optionen des Arbeitgebers
- IHM: COVID-19: Aktuelle Informationen für die Musikwirtschaft
- Bundesregierung: Überblick der Hilfen für Künstler und Kreative
Bleiben Sie gesund und kommen Sie gut durch die Zeit!