Kategorie: Rechtsprechung


  • Urteil: Als Programmierer im Ausland

    Urteil: Als Programmierer im Ausland

    Neue Arbeitswelt, CoWorking, über den Globus verteilte Teams, digitalen Nomaden – gearbeitet wird längst nicht mehr nur „im Büro“. Wer kann, darf oder möchte arbeitet gerne auch mal dort, wo es ihm gefällt. Die Betahäuser dieser Welt machen es möglich. Waren es anfangs vor allem die „Klick-Worker“ dessen Berufe hierfür prädestiniert sind, so trifft man vermehrt auch andere Berufe in CoWorking-Spaces wie z.B. dem SurfOffice auf Gran Canaria.

    Dieses ortsunabhängige Arbeiten stellt das Steuerrecht vor eine neue Herausforderung, da es in der Regel ortsbezogene Anknüpfungspunkte sind, die darüber entscheiden, ob ein Staat bestimmte Einkünfte besteuern darf. Die Entscheidung des Finanzgerichtes Düsseldorf vom 19. Januar 2016 (Az. 13 K 952/14 E) betrifft nun einen derartigen Fall.

    Als Programmierer in den Niederlanden

    Ein selbständiger Programmierer mit Wohnsitz in Deutschland war von einem niederländischen Unternehmen beauftragt worden, deren IT-Systeme zu integrieren und eine Datenmigration durchzuführen. Hierfür stellte man ihm ein Besprechungszimmer zur Verfügung – am Sitz der Firma in den Niederlanden. Und da nach der Auffassung des ITlers das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte den Niederlanden zustehe, hatte er die zugehörigen Einnahmen nicht der deutschen Besteuerung unterworfen.

    Die Betriebsprüfung kam fünf Jahre später zu einem anderen Ergebnis. Die Einnahmen aus der Tätigkeit für die niederländische Firma in Höhe von rd. EUR 175.000,00 seien in Deutschland uneingeschränkt einkommensteuerpflichtig.

    „Ständige Einrichtung“ Ja oder Nein

    Es folgte ein ausgiebiger Streit mit dem Finanzamt. Der Programmierer trug unter anderem vor, dass nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den Niederlanden derjenige Staat besteuern darf, in welchem der Steuerpflichtige eine „ständige Einrichtung“ unterhalte. Eine solche Einrichtung sei der Arbeitsraum am Sitz der Firma, da dieser speziell für ihn eingerichtet sei und er zeitweise exklusiven Zugang zu diesem Raum hatte. Ferner sei es im Übrigen nicht erforderlich, dass er diesen Raum auch dauerhaft genutzt habe. Schon allein die Tatsache, dass ihm dieser Raum für gewöhnlich zur Verfügung stehe führe dazu, dass den Niederlanden das Besteuerungsrecht zustehe.

    Das Finanzamt überzeugte die Darstellung nicht, der Fall ging zu Gericht.

    Keine Verfügungsmacht

    Das Finanzgericht wies die Klage ab, da die Voraussetzungen für eine ständige Einrichtung nicht erfüllt seien. In der Begründung stellte das Gericht die Verfügungsmacht in den Mittelpunkt der Entscheidung:

    „Nach herrschender Auffassung ist eine ständige Einrichtung in diesem Sinne nur dann anzunehmen, wenn sie u.a. von einer gewissen Dauer ist und der Steuerpflichtige über sie nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat.“

    … und weiter …

    „Nach der Ansicht des BFH liegt eine Verfügungsmacht in diesem Sinne jedenfalls nur dann vor, wenn dem Nutzenden eine Rechtsposition eingeräumt wird, die ihm ohne seine Mitwirkung nicht mehr ohne weiteres entzogen werden kann. (…) Die bloße Berechtigung zur Nutzung eines Raumes im Interesse eines anderen sowie die bloße tatsächliche Mitbenutzung eines Raumes begründeten für sich genommen noch keine Betriebsstätte (…). Auch das bloße Tätigwerden in Räumlichkeiten des Vertragspartners genüge für sich genommen nicht, um die erforderliche Verfügungsmacht zu begründen. Das gelte selbst dann, wenn die Tätigkeit zeitlich wiederholt oder sogar dauerhaft erbracht werde.“

    Das Finanzgericht ließ ferner die „besonderen Umstände“ wie das exklusive Nutzungsrecht und die auf den Programmierer zugeschnittene Einrichtung des Arbeitsraumes nicht gelten:

    „Die Behauptung des Klägers, dass es für die Erfüllung seiner Leistung gerade der Überlassung des von ihm genutzten Raumes bedurft hätte, hat sich durch die Vernehmung des Zeugen D nicht bestätigt. Der Raum war nach dessen Aussage wie ein normaler Büroraum ausgestattet. Den für die Arbeit erforderlichen Computer hat der Kläger selbst mitgebracht und nach Beendigung seiner Tätigkeit wieder mitgenommen. Wie der Zeuge D gleichfalls glaubhaft und nachvollziehbar ausgeführt hat, befand sich in dem betreffenden Raum keine besondere Zugriffsmöglichkeit auf das Computersystem der Fa. C . Der Zugriff erfolgte vielmehr über einen Kabelanschluss, wie er sich auch in anderen Büroräumen befand.“

    Zusammenfassung

    Ein Programmierer mit Wohnsitz in Deutschland sah für seine Einnahmen aus der Tätigkeit für ein niederländisches Unternehmen das Besteuerungsrecht bei den Niederlanden, da er seine Tätigkeit am Sitz des Unternehmens ausübte. Das Unternehme stellte ihm hierfür einen Arbeitsraum zur Verfügung, sodass er dort folglich eine „ständige Einrichtung“ im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) unterhalte. Finanzamt und Finanzgericht folgten dieser Auffassung nicht. Da er keine eigene Verfügungsmacht über den Raum hatte sei eine „ständige Einrichtung“ nicht gegeben. Das Besteuerungsrecht Deutschlands, welches aufgrund seines inländischen Wohnsitzes besteht, werde daher nicht durch das DBA eingeschränkt. Die Einnahmen sind in Deutschland uneingeschränkt einkommensteuerpflichtig.

    Finanzgericht Düsseldorf, 13 K 952/14 E


  • Drei Fakten zum Erbschaftsteuer-Urteil

    Drei Fakten zum Erbschaftsteuer-Urteil

    Das Bundesverfassungsgericht hat am 17.12.2014 das lang erwartete Urteil zur Verfassungsmäßigkeit der Erbschaftsteuer gefällt (Az. 1 BvL 21/12). Im Fokus lagen dabei die Begünstigungen bei der Übertragung von betrieblichen Vermögen. Dieses kann nach dem aktuellen Erbschaftsteuerrecht zu 85 % oder sogar vollständig steuerfrei übertragen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat die entsprechenden Regelungen allerdings teilweise als verfassungswidrig eingestuft. Das Entscheidung lässt sich in drei Aussagen zusammenfassen:

    1. Keine Verschonung für Großunternehmen ohne Bedürfnisprüfung

    Das Ziel der faktischen Steuerbefreiung ist es, Unternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten. Dabei gelten die pauschalen Befreiungen grundsätzlich sowohl für kleine und mittlere als auch für große Unternehmen oder Konzerne. Für Letztere könne es aber im Einzelfall an der Rechtfertigung für die Befreiung fehlen. Bei großen Unternehmen müsse deshalb eine Prüfung im Gesetzt verankert werden, ob eine Belastung mit Erbschaft- oder Schenkungsteuer tatsächlich Arbeitsplätze gefährden würde. Die Begünstigung ohne eine solche Prüfung zu gewähren, sei verfassungswidrig.

    2. Regelung zum Verwaltungsvermögen ist unzulässig

    Bisher waren auch steuerfreie Übertragungen möglich, wenn das übertragene Vermögen bis zu 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Auf diese Weise konnte auch nicht betriebsnotwendiges Vermögen in Firmen oder Gesellschaften untergebracht und somit steuerfrei übertragen werden. Das Gericht befindet die derzeitigen Regelungen für nicht zielführend und stellte die Verfassungswidrigkeit fest.

    3. Lohnsummenregelung ebenfalls unzulässig

    Wie bereits oben angeführt, sind die Steuerbegünstigungen überhaupt verfassungsrechtlich nur mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen zu rechtfertigen. Hierfür wurde eine Lohnsummenregelung eingeführt, die besagt, dass bei einer steuerfreien Übertragung in den folgenden 5 bis 7 Jahren die Lohnsumme nicht signifikant sinken darf. Wie so oft im deutschen Steuerrecht gibt es aber auch von dieser Regelungen Ausnahmen, so gilt sie z.B. nicht für Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern. Diese Ausnahmeregelung wurde aber fast zum Regelfall, da viele Unternehmen sich vor der Übertragung schlichtweg geteilt haben und somit dann zwei oder mehrere Gesellschaften bestanden, die – jede für sich – weniger als 20 Mitarbeiter hatten. Solche Wege müssten zukünftig unterbunden werden.

    Wie es nun weiter geht

    Das Bundesverfassungsgericht hat die Bundesregierung aufgefordert, bis zum 30. Juni 2016 die Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuerrechtes durch eine Gesetzesänderung wieder herzustellen. Dabei hat das Gericht ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, eine Rückwirkung der neuen Regelung bis zum 17. Dezember 2014 festzulegen. Dies sei notwendig, damit nicht bis zur Gesetzesänderung in einer Welle von Unternehmensübertragungen das verfassungswidrige Recht noch ausgenutzt werden könne.

    Das Urteil im Volltext: www.bundesverfassungsgericht.de