Digitalisierung im Besteuerungsverfahren

Digitalisierung im Besteuerungsverfahren

Mit der elektronischen Abgabe von Steuererklärungen, dem Online-Abruf von Steuerkonten oder auch dem Start der „vorausgefüllten Steuererklärung“ wurde das Besteuerungsverfahren in den vergangenen Jahren bereits deutlich auf den Kopf gestellt. Aber damit noch nicht genug, Bund und Länder setzen sich ununterbrochen dafür ein, den sooft besungenen „Sprung in das digitale Zeitalter“ in der Steuerverwaltung weiter voranzutreiben. Warum auch nicht, die Amerikaner haben doch erst kürzlich wieder große Erfolge damit verzeichnen können, vgl. SPON vom 4. Juni 2015:

Bei einem großen Angriff auf die amerikanische Steuerbehörde sind Cyberkriminelle nicht nur an die Daten Zehntausender Steuerzahler gelangt. Die Täter ergaunerten auch jede Menge Geld.

(…)

Die spektakuläre Cyberattacke auf die Computersysteme der amerikanischen Steuerbehörde IRS war gravierender als bisher angenommen: Zwischen Februar und Mai 2015 gelangten die Angreifer nicht nur an die Daten von an die Hunderttausend Steuerzahlern, sondern stahlen dabei Millionen Dollar.

Und das, obwohl laut dem Artikel die IT-Sicherheitssysteme der Steuerbehörde „im jährlichen Turnus“ überprüft werden.

Bund und Länder haben sich jedenfalls kürzlich auf ein Maßnahmenpaket geeinigt, dass den Titel „Modernisierung des Besteuerungsverfahrens“ trägt. Das 93 Seiten umfassende Dokument stellt das Bundesfinanzministerium zur Ansicht bereit. Manch ein Politiker lässt sich bereits zu großen Versprechungen hinreißen, Markus Söder in einer Pressemitteilung der Bayrischen Finanzverwaltung vom 29. Mai 2015:

Für Millionen von Steuerzahler naht das Ende der Zettelwirtschaft.

Sicherlich. Was jedenfalls auf die Verwaltung, die steuerberatenden Berufe und nicht zuletzt auch auf den Steuerzahler zukommt, wird im Folgenden zusammenfassend dargestellt.

1. Weniger einzureichende Belege

Auf die Einreichung von Belegen soll zukünftig weitgehend verzichtet werden. Nur bei Bedarf sollen die Finanzämter zur abschließenden Klärung einzelner Sachverhalte Nachweise nachträglich anfordern. Damit entfalle die generelle Pflicht, bestimmte Belege wie z.B. Handwerkerrechnungen oder Spendenbescheinigungen nach der elektronischen Übermittlung oder der Übersendung der Steuererklärung vorzulegen.

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2. Elektronische Übermittlung von Dokumenten

Für den Fall, dass das Finanzamt dennoch Belege einfordert oder der Steuerpflichtige solche von vornherein dem Finanzamt vorlegen möchte, soll die Möglichkeit geschaffen werden, diese elektronisch zu übermitteln. Ein guter Vorschlag, insbesondere für diejenigen, die schon jetzt im Privat- und Geschäftsbereich ein „papierloses Büro“ führen und sämtliche Dokumente digital erfassen. Allerdings: Viele Finanzämter akzeptieren bereits Nachweise in Form von per E-Mail zugesandten pdf-Dateien.

3. Ausbau der vorausgefüllten Steuererklärung

In Schweden kann ein Angestellter seine Einkommensteuererklärung bereits per SMS bestätigen – das schwedische Finanzamt hat nämlich bereits alle notwendigen Informationen. Mit der so genannten vorausgefüllten Steuererklärung wird in Deutschland ähnliches versucht: Der Steuerpflichtige oder sein Steuerberater können solche Daten, die bereits dem Finanzamt vorliegen (Lohnsteuerdaten, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, Riester-Vorsorgeaufwendungen) elektronisch abrufen und in die Steuerformulare übernehmen. Im Rahmen der Modernisierung soll überprüft werden, inwiefern weitere Daten zur Verfügung gestellt werden können (Kirchensteuer, Zinsen auf Steuererstattungen, Grad der Behinderung).

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4. Kommunikation

Schriftverkehr mit den Finanzämtern, Steuerbescheide, Prüfungsanordnungen – all dies soll in der Zukunft unter Verzicht auf die Papierform übermittelt werden können. So sieht der Entwurf vor, dass im ELSTER-Portal eine Möglichkeit für die elektronische Übermittlung von strukturierten und frei formulierten Nachrichten sowohl von den Steuerpflichtigen an das  Finanzamt (Änderungsanträge, Einsprüche, Anträge auf Aussetzung der Vollziehung) als auch von den Finanzämtern an die Steuerpflichtigen geschaffen werden. Für den Steuerberater wird sogar in Erwägung gezogen, diesen Kommunikationsweg gesetzlich vorzuschreiben.

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5. Verfahrensbeschleunigung

Durch den Ausbau IT-gestützter Risikomanagementsysteme soll auf Seiten der Verwaltung die Möglichkeit geschaffen werden, dass Steuererklärungen vermehrt automatisch bearbeitet werden. Ein Eingreifen des Sachbearbeiters wäre dann nur noch bei Besonderheiten, Auffälligkeiten oder unstimmigen Angaben erforderlich. Zwar würde das Veranlagungsverfahren auf diese Weise deutlich beschleunigt werden, der Wegfall einer Prüfung durch einen Steuerbeamten wird aber durchaus kritisch gesehen. Faktisch würde dieser Schritt eine Systemumstellung hin zur Selbstveranlagung bedeuten, die auch für den Steuerpflichtigen mit besonderen Risiken verbunden sein kann.

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Zu guter Letzt: Marketing

Um die Begeisterung bei den Betroffenen zu schüren, wurde bereits die richtige Wortwahl gefunden:

Ein stärkerer Einsatz von IT in der Verwaltung soll den Service für die Steuerpflichtigen verbessern, die Steuererklärung einfacher gestalten und Verfahren beschleunigen. (…) Das Modernisierungskonzept berücksichtigt eine stärkere Serviceorientierung der Steuerverwaltung.