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  • Die Umsatzsteuerbefreiung für Privatlehrer

    Die Umsatzsteuerbefreiung für Privatlehrer

    Die Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer können unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit sein. Wie der Bundesfinanzhof im vergangenen Jahr allerdings in seinem Urteil mit dem Aktenzeichen V R 3/13 entschieden hat, hat der deutsche Gesetzgeber die Grenzen hierfür zu eng gesteckt und damit das Europarecht nicht ausreichend umgesetzt. Folge: Deutlich mehr Privatlehrer können ihre Leistungen unter Berufung auf die europäische Regelung umsatzsteuerfrei anbieten.

    Nationale Regelung

    Entsprechend § 4 Nr. 21 UStG sind Unterrichtsleistungen von der Umsatzsteuer befreit, wenn diese an folgenden Schulen erbracht werden:

    • Hochschulen und Universitäten
    • öffentlichen, allgemein- oder berufsbildenden Schulen
    • Privatschulen, die von der zuständigen Landesbehörde eine entsprechende Anerkennungsbescheinigung erhalten haben

    USt Lehrer 01

    Ferner können Unterrichtsleistungen umsatzsteuerfrei sein, wenn der Lehrer selber eine Anerkennungsbescheinigung bei der Landesbehörde beantragt und erhalten hat.

    USt Lehrer 02

    Wichtig: Eine Umsatzsteuerbefreiung ist nach der nationalen Vorschrift nur zulässig, wenn die Bescheinigung bestätigt, dass die Unterrichtsleistungen auf einen Beruf oder auf eine Prüfung vor einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung vorbereiten.

    BFH-Entscheidung und Europäisches Recht

    Der Bundesfinanzhof stellt in seinem Urteil fest, dass diese Regelung zu kurz greift. Die selbständigen Lehrer können sich daher direkt auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie berufen. Artikel 132 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2006/112/EG*:

    Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer: (…) von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht;

    Unter Bezugnahme auf die hierzu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes kommt der BFH insofern zu den folgenden Feststellungen:

    1. Der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer qualifizierenden Abschlussprüfung führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt.
    2. Es ist nicht zwischen dem Unterricht, der Schülern oder Studierenden erteilt wird, die an einer erstmaligen Schul- oder Hochschulausbildung teilnehmen, und dem Unterricht zu unterscheiden, der Personen erteilt wird, die bereits über einen Schul- oder Hochschulabschluss verfügen und die aufgrund dieses Abschlusses ihre Berufsausbildung betreiben.
    3. Folglich können auch Unterrichtseinheiten umsatzsteuerfrei sein, die sich auf Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung beziehen.
    4. Es ist außerdem unerheblich, ob der Privatlehrer an einer Schule oder Hochschule tätig ist, sich an Schüler oder Hochschüler wendet oder ob es sich um einen in einen Lehr- oder Studienplan eingebetteten Unterricht handelt.

    Einzig ausgenommen von der Umsatzsteuerbefreiung seien Unterrichtsleistungen, die der bloßen Freizeitgestaltung dienen.

    Gretchen-Frage: Was ist mit dem privaten Musikunterricht?

    Privater Musikunterricht kann unterschiedlich motiviert sein. Er kann einer Karriere als Berufsmusiker dienen, als Zusatzunterricht eine musikalische Ausbildung unterstützen oder reines Privatvergnügen darstellen (Freizeitbeschäftigung). Ist der private Musikunterricht folglich umsatzsteuerfrei, umsatzsteuerpflichtig oder ist etwa für jeden Schüler eine eigene Beurteilung erforderlich? Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg kam hier am 26. März 2013 zu einem eindeutigen Ergebnis (Az. 7 V 7361/12):

    Bei summarischer Prüfung hat das Gericht keine Zweifel daran, dass der von der Antragstellerin erteilte Unterricht geeignet ist, die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler zu entwickeln. Denn Musikunterricht gehört zu den klassischen Schulfächern und kann letztlich Grundlage für eine Berufsausbildung als Musiker oder Musiklehrer sein. Es kommt nicht darauf an, ob Schüler der Antragstellerin die letztgenannten Ziele tatsächlich verfolgen (…). Daher stellt der Musikunterricht auch keine bloße Freizeitgestaltung dar. Dem entsprechend hat auch der BFH Musikschulunterricht als Schulunterricht angesehen (BFH, Urteil vom 20.08.2009 V R 25/08, BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15).

    Das Finanzgericht geht sogar noch einen Schritt weiter:

    Der Begriff des Privatlehrers setzt keinen bestimmten Ausbildungsgang voraus.

    Demnach könnte auch der private Musikunterricht des nicht studierten Musikpädagogen umsatzsteuerfrei sein, sofern dieser die Qualifikation auf andere Weise darlegen kann.

     

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    * Der Bundesfinanzhof urteilte noch zu der vorherigen Fassung, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG, die allerdings insoweit mit der aktuellen Richtlinie identisch ist.